Ultralearning—So bringst du dein Lernen in der Medizin auf das nächste Level.

Wie du lernst, schneller gut zu werden in der Medizin

Es gibt diesen Mythos, dass man etwas 10.000 Stunden lang machen muss, um darin exzellent zu sein. Dieser basiert auf dem Buch ”Outliers” von Malcom Gladwell, indem er eine Studie detailliert erläutert und dabei komplett falsch interpretiert. Du kannst auch 10.000 Stunden Auto fahren und wirst trotzdem nicht zu Profi-Fahrer. Wichtiger ist, die du die Zeit verbringst, die du darin investierst, etwas zu lernen.

Das Wichtigste ist, dass du es mit Fokus und vollem Bewusstsein machst. Stell dir vor, du wirst beim Autofahren jede Kurve oder jedes Bremsen nutzen, in dem versucht, die Bewegung perfekt auszuführen. Wenn du einen Vortrag in einem Seminar hältst, versuch, dich immer neu heraus zu fordern. Mach es mal mit, mal ohne Slides. Versuche, dich auf unterschiedliche Aspekte zu konzentrieren: die perfekte Stimme, die perfekte Storyline, etc. Wenn du mit Patient:innen sprichst, versuche, nicht nur das Gesagte wahr zu nehmen, sondern auch alle nonverbalen Signale. Egal, was du tust, versuche es mit voller Präsenz zu tun und zu perfektionieren. So wirst du schneller besser.

Darüber hinaus gibt es ein Buch, das wir dir gerne empfehlen möchten: Ultralearning.

"Ultralearning" ist eine Strategie, mit der du dir selbst neue Fähigkeiten und neues Wissen effektiver und schneller aneignen kannst. Es zeigt dir, wie du dir bewusster machen kannst, was du lernen solltest und wie du über ihr konzentrierte Lernaktivitäten schneller über deine Grenzen hinaus kommst und dein Lernen komprimieren kannst.

Es geht hierbei nicht primär um besseres Auswendiglernen, obwohl du darüber auch etwas lernst, sondern darum, wie du zu einer besseren Ärztin oder einem besseren Arzt wirst. Die Fähigkeiten, die dazu gehören sind gerade in der sich heute so schnell wandelnden Welt extrem wichtig.

Es gibt neun Prinzipien, die beim Ultralearning eine Rolle spielen.

Die Ultralearning-Strategie

Prinzip Nummer 1 - Metalearning

Zeichne dir erst eine Karte. Bevor du anfängst zu lernen, musst du heraus finden, was der effektivste Weg ist, sich dieses Wissen zu aneignen bzw. eine Fähigkeit zu lernen. Am besten beginnst du damit, ältere Semester zu fragen, wie sie es geschafft und was sie gerne gewusst hätten, bevor sie angefangen haben, dieses Thema zu lernen. Auch im Internet findest du viele gute Hinweise wie man sein Lernen für bestimmte Fächer vereinfachen kann (z.B. Mnemonics für Anatomie). Schau auch mal ins Ausland, oft sind die englischsprachigen Hilfen deutlich besser und umfangreicher als das, was du auf deutsch findest.

Prinzip Nummer 2 - Fokus

Plan dir feste Zeiten ein, ein denen du bestimmte Dinge lernst. Wenn du für mehrere Fächer lernen musst, trage dir Lernblöcke entsprechend in deinem Kalender ein. Klar, dass du auch mal auf deinen Kopf hören musst, in manchen Momenten fällt dir ein Thema leichter auch wenn du eigentlich für etwas Anderes lernen wolltest. Dann ist es okay, mal deine Zeitfenster zu tauschen. Aber du solltest darauf achten, dass du auch für die Themen, die dir weniger liegen, feste Zeiten einplanst.

Prinzip Nummer 3 - Direktheit

Praktische Erfahrung ist meistens der beste Weg, etwas Neues zu lernen. Lehrvideos und Lesen ist wichtig, aber versuche, dich nicht vor echtem Patientenkontakt oder Zeit im Präpsaal zu drücken, auch wenn andere Lernmethoden bequemer erscheinen.

Prinzip Nummer 4 - Drill

entdecke deine Schwächen und konzentriere dich auf die Felder, die besonders unangenehm sind, weil sie dir (noch) schwer fallen. Arbeite vor allem an deinen Schwächen. Es wird deine Lernkurve anspitzen.

Prinzip Nummer 5 - Wiederholung

Teste dich ständig. Gehe Fallstudien mit deinen Kommiliton:innen, so früh es geht. Auch solltest du dir das Kreuzen nicht bis kurz vor die Prüfungen aufheben. Beginne früh. Sich zu ständig testen ist deutlich besser, als nur zu Wiederholen. Klar wirst du am Anfang nicht alle Themenfelder abdecken können. Versuche daher, sehr gezielt zu lernen. Beispielsweise kannst du dir alles über Thrombose anlesen und dann gezielt Altfragen und Fallstudien zur Thrombose angehen. Wenn du das gemeistert hast, gehe über zum nächsten Themengebiet.

Prinzip Nummer 6 - Feedback

Hol dir so oft es geht Feedback ein. Egal ob von deinen Mitstudierenden in Fallstudien, von den Ärzt:innen, die dich ausbilden oder den Patient:innen, die du mitversorgst. Fehler dürfen dir nicht peinlich sein. Je früher du dein Ego beiseite legen kannst, desto schneller wirst du Erfolgssprünge bemerken.

Prinzip Nummer 7 - Retention

Sei dir bewusst, dass du einiges vergessen wirst. Lass das nicht zu, sondern versuche, relevantes Wissen zu persistieren. Am besten blockst du dir immer wieder Zeiten, in denen du beispielsweise Altfragen von Fächern durchgehst, die bereits bestanden hast aber auch in der Zukunft noch relevant für dich sein werden. Das erspart dir viel Frust vor der Approbation. Und danach auch ;-)

Prinzip Nummer 8 - Intuition

Sei spielerisch und versuche, dich auszuprobieren. Versuche nicht, dinge einfach nur mit Tricks auswendig zu lernen, sondern gehe wirklich in die Tiefe. Exploriere Themen auch mal über das, was in den Fachbüchern und Vorlesungen erwähnt wird. Bleibe am Puls der Zeit und lies regelmäßig Nature, NEJM, BMJ und co. Auch der Economist, Guardian und a16z haben schön aufbereitete Informationen zu neuesten Errungenschaften in der Medizin.

Prinzip Nummer 9 — Experimentiere

Erforsche auch außerhalb deiner Komfortzone. Du wirst kein wahrer Meister deines Faches werden, wenn du nur Wege befolgst, die von anderen vorgeahnt wurden. Erforsche Möglichkeiten, an die andere nicht gedacht haben und trau dich auch Dinge zu lernen, die nicht im Curriculum stehen. Zum Beispiel künstliche Intelligenz, Finanzwesen oder kreatives Schreiben.